Astronomie im Zeitalter der Raumfahrt (D, F, I) by M. Waldmeier

Im Rahmen der Erweiterung des Verkehrshauses der Schweiz und als Bestandteil der neuen Halle Luft- und Raumfahrt ist am 20. Oktober 1967 der Grundstein für das erste Planetarium unseres Landes gelegt worden. Damit wird nun auch die Schweiz ein grossartiges Lehr- und Bildungsinstrument erhalten. Gerade in einem Zeitalter, in dem der Mensch sich anschickt, in den Weltraum vorzustossen und die Öffentlichkeit viel stärker als je zuvor die Vorgänge am Himmel mitverfolgt, erfüllt das Planetarium, vor allem für die heranwachsende Jugend, eine Aufgabe von hohem erzieherischem Wert. Es gestattet dem Besucher, die Wunder des Universums in einer überwältigenden Eindrücklichkeit mitzuerleben. Dank einer ingeniösen Apparatur wird an die kuppelförmige Decke des Planetariums ein Abbild des nördlichen und südlichen Himmels mit Tausenden von Sternen projiziert.

Bewegungen von Gestirnen, die wegen des langsamen Ablaufes oder wegen der ungeheuren Entfernungen sonst nicht erkennbar sind, werden durch tausendfache Zeitraffung sichtbar gemacht, so dass beispielsweise der Ablauf eines Jahres auf wenige Minuten oder sogar Sekunden zusammengedrängt werden kann. Zusatzgeräte gestatten ebensosehr ausserirdische Anblicke unseres Sonnen- und Milchstrassensystems wie die Demonstration von Satellitenbahnen und Raumflügen.

Mit seinen Einrichtungen wird das Planetarium Longines beitragen, das Verständnis für die Astronomie und für das Geschehen im Weltraum, der durch den Einsatz von Satelliten bereits heute schon in das weite Gebiet der Nachrichten-übermittlung einbezogen worden ist, zu vertiefen. In diesem Sinne stellt es die zeitgemässe thematische Ergänzung einer Ausstellungsstätte des Verkehrs dar, deren Aufgabe darin besteht, die historische Entwicklung zu zeigen und die Öffentlichkeit zugleich mit den Leistungen und aktuellen Problemen der Transporttechnik zu Wasser, zu Lande, in der Luft und im Weltraum bekanntzumachen.

Das Verkehrshaus der Schweiz benützt die Gelegenheit, um an dieser Stelle zu danken, vor allem der Compagnie des Montres Longines Francillon S.A, in St-Imier, die mit ihrer Stiftung die Verwirklichung des Planetariums ermöglicht hat, so wie Herrn Direktor W. Gattiker, Generalvertreter der Carl Zeiss-Werke in Zürich für die tatkräftige Beratung. Einen ganz besonderen Dank schuldet es Herrn Professor Dr. M. Waldmeier, der mit seinem Vortrag anlässlich der Grundsteinlegung ein faszinierendes Bild vom heutigen astronomischen Weltbild vermittelte, wie aber auch für seine wertvolle Mitarbeit in der Planetariumskommission des Verkehrshauses. Ebenso herzlich dankt das Verkehrshaus Verlag und Druckerei Hallwag AG in Bern, welche die Herausgabe dieser Schrift übernommen hat.


Genre: Lehrbuch, Werbung
Subjects: Galaxien, Kosmologie, Sternbilder, Zeissprojektoren

Einführung in die Astrophysik (Lehrbücher und Monographien aus dem Gebiete der exakten Wissenschaften, 18) by M. Waldmeier

Vorwort

Astrophysik ist hier im erweiterten Sinne verstanden als Inbegriff der modernen Astronomie, als Gegenüberstellung zu der die Gebiete der sphärischen Astronomie, der Orts- und Zeitbestimmung, der Bahnbestimmung und der Himmelsmechanik umfassenden klassischen Astronomie. Im Laufe der letzten Jahrzehnte hat sich die astronomische Forschung fast ganz der Astrophysik zugewendet, hauptsächlich infolge der großen Fortschritte der Theorie des Atombaues und der Spektroskopie. Die rasche Entwicklung der jungen Astrophysik und ihre sensationellen Ergebnisse haben eine Flut literarischer Werke ausgelöst. Es handelt sich dabei entweder um populäre Werke, welche sich an breitere Kreise wenden, oder um oft sehr umfangreiche und zeitgebundene Monographien, welche für den Fachmann bestimmt sind. Keine dieser beiden Kategorien kann die Bedürfnisse der Studierenden nach einer kurzgefaßten Einführung in die Probleme der Astrophysik und ihre Behandlung erfüllen ; die populären Werke nicht, weil sie bloß die Ergebnisse mitteilen, ohne sie zu erarbeiten, die Monographien nicht wegen ihres speziellen Charakters und ihres Umfanges. Das vorliegende Werk, das nicht nur im deutschen Sprachgebiet, sondern, soviel mir bekannt ist, überhaupt die erste lehrbuchartige Darstellung der Astrophysik gibt, ist ein Versuch, diese empfindliche Lücke auszufüllen.

Von einem Lehrbuch sind in erster Linie folgende Bedingungen zu erfüllen: es soll umfassend sein, den Stoff systematisch gliedern und die Ergebnisse von Grund auf ableiten. Die Schwierigkeiten, diese Forderungen zu erfüllen, mögen der tiefere Grund dafür sein, daß bisher eine lehrbuchmäßige Darstellung gefehlt hat. Die Erfüllung der beiden ersten Bedingungen ist schwierig, weil bei einer jungen, in rascher Entwicklung begriffenen Wissenschaft sich der Umriß ihres dereinstigen Gebäudes erst ahnen läßt, diejenige der dritten, weil schon relativ einfache Probleme mitten in die Physik hineinführen und ihre Behandlung ein hohes Maß von mathematischen und physikalischen Vorkenntnissen erfordert. Die Stoffauswahl konnte deshalb nicht ausschließlich nach sachlichen Gesichtspunkten erfolgen, sondern es mußten auch didaktische berücksichtigt werden. Die vorausgesetzten mathematisch-physikalischen Kenntnisse gehen nicht über das hinaus, was hierzulande in den ersten vier Semestern des Hochschulstudiums geboten wird. Um den Weg von der Physik zur Astrophysik zu ebnen, ist im ersten Teil, mehr nur in Form einer Rekapitulation, das Wichtigste aus der Strahlungstheorie, aus Atombau, Spektroskopie, Anregung und Ionisation im Hinblick auf die astrophysikalischen Anwendungen zusammengestellt.


Genre: Lehrbuch
Subjects: Astrophysik